Eröffnung Kulturforum Görlitzer Synagoge
vom 12.07.2021
Kulturforum Görlitzer Synagoge, Foto: Pawel Sosnowski
Das Kulturforum Görlitzer Synagoge ist heute nach langjährigen und aufwendigen Sanierungsarbeiten feierlich eröffnet worden.
Das Gebäude wurde seit Anfang der 1990er Jahre für rund 12,6 Millionen Euro gesichert und saniert. Nachdem der Görlitzer Stadtrat im Februar einer entsprechenden Verwaltungsvorlage einstimmig zustimmte und inzwischen rund 80.000 Euro an Spenden eingegangen sind, wird voraussichtlich im nächsten Jahr wieder ein Davidstern auf der Kuppel des Turmes installiert werden.
Das Kulturforum Görlitzer Synagoge wird als Veranstaltungszentrum genutzt werden. Mit der bereits eingerichteten Wochentagssynagoge haben jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aber auch die Möglichkeit, dort ihren Glauben zu praktizieren.
Die Grußworte im Rahmen der feierlichen Eröffnung des Kulturforums Görlitzer Synagoge hielten der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu, die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Michael Kretschmer, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dresden, Michael Hurshell, sowie der Geschäftsführer der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, Friedrich-Wilhelm von Rauch. Die jüdische Künstlerin und Brückepreisträgerin der Europastadt Görlitz/Zgorzelec, Bente Kahan, gestaltete zusammen mit dem polnischen Musiker Dariusz Świnoga das musikalische Rahmenprogramm. Die Veranstaltung wurde live auf www.mdr.de übertragen.
Alle Redner äußerten sich zur historischen und architektonischen Bedeutung des Gebäudes und verliehen der Hoffnung Ausdruck, dass sich das Kulturforum Görlitzer Synagoge zu einem Veranstaltungs- und Begegnungsort der Kulturen und des gesellschaftlichen Dialogs entwickeln möge.
Der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu sagte: „Mit dem Kulturforum Görlitzer Synagoge samt Davidstern im Herzen unserer Stadt bekennen wir uns als Stadtgesellschaft zu unserer jüdischen Geschichte und zu jüdischem Leben in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec. Wir wollen das Kulturforum Görlitzer Synagoge zu einem Haus der Begegnung, der Geschichte, der Lehre und der Kultur entwickeln. Es soll ein Veranstaltungsort werden, der nachhaltig europäische Verständigung lebt. Das Kulturforum Görlitzer Synagoge soll erfüllt sein vom Geist der Toleranz und vom Miteinander der Kulturen und Religionen. Das macht unser friedliches und freiheitliches Europa und unsere Europastadt Görlitz/Zgorzelec aus.“
Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters sagte: „Pünktlich zum Festjahr ‚1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland‘ erstrahlt die Synagoge Görlitz wieder in neuem Glanz und alter Schönheit. Der Bund hat die Sanierung mit rund 2,8 Millionen Euro unterstützt, um hier am authentischen Ort der Erinnerung Raum zu geben für eine zukunftsgerichtete Begegnung mit der Vielfalt und langen Tradition jüdischen Lebens in Deutschland. Damit verbindet sich unsere Hoffnung, dass der Besuch des Kulturforums Görlitzer Synagoge auch im täglichen Miteinander zur gelebten Verständigung zwischen unterschiedlichen Kulturen inspiriert und Menschen darin bestärkt, aufzustehen gegen Antisemitismus, wo immer sie ihn erleben.“
Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Michael Kretschmer sagte: „Die Görlitzer Synagoge ist ein eindrückliches Kulturdenkmal unserer deutschen und sächsischen Geschichte. Wir alle sind aufgefordert, das jüdische Erbe zu bewahren und jüdisches Leben zu ermöglichen. Die Sanierung der Synagoge und die zukünftige Nutzung als Begegnungsstätte setzt dafür ein wichtiges Zeichen. Ich danke dem Bund und allen Unterstützern, die eine Wiedereröffnung ermöglicht haben. Ich wünsche dem Kulturforum als lebendiger Ort der Begegnung, Bildung und des gesellschaftlichen Diskurses viele interessierte Besucherinnen und Besucher.“
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dresden, Michael Hurshell, sagte: „Die Restaurierung dieser wunderschönen Synagoge ist für die Jüdische Gemeinde zu Dresden ein Zeichen der Hoffnung, der Erneuerung und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Möge dies eine Stätte der kulturellen Begegnung sowie des geschichtsbewussten Dialogs sein.“
Friedrich-Wilhelm von Rauch, Geschäftsführer der Ostdeutschen Sparkassenstiftung sagte: „Die herausragende architektonisch-baugeschichtliche Qualität des Synagogengebäudes ist Ausdruck des religiösen Glaubens seiner Erbauer, der Wertschätzung der jüdischen Gemeinde für ihre damalige Heimatstadt Görlitz und ein beeindruckendes Zeugnis dafür, was Bürgersinn zu leisten vermag. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien betrachten es als Ehre, sich mit ihren Möglichkeiten dafür engagiert zu haben, dass die historische Innenraumkomposition der einstigen Görlitzer Synagoge wiederhergestellt werden konnte, die als einzige in Sachsen während der Pogromnacht von 1938 nicht zerstört worden ist.“
Hintergrund:
Das Gebäude wurde nach Plänen der Dresdener Architekten William Lossow und Max Hans Kühne, die unter anderem auch für den Leipziger Hauptbahnhof verantwortlich waren, 1911 nach nur drei Jahren Bauzeit eröffnet. Als Stahlbetonkonstruktion mit einer Kuppeldecke von 26 Metern Spannweite war es damals eine innovative Sensation.
In der Pogromnacht vom 9. November 1938 stand auch die Görlitzer Synagoge in Flammen. Am nächsten Tag wurde der Davidstern von der Kuppel entfernt. Der Brand, der vor allem die Innenausstattung zerstört hatte, wurde gelöscht. Das Gebäude ist damit der einzige original erhaltene und restaurierte Synagogenbau Sachsens und einer der wenigen Jugendstilbauten dieser Art deutschlandweit.
Nach Zugehörigkeit zur Jüdischen Gemeinde Dresden erwarb 1963 die Stadt die Synagoge und nutzte sie als Lagerraum für Kulissen des Theaters. Der Verfall des Gebäudes schritt soweit voran, dass in den 1970er Jahren ein Abriss erwogen, jedoch durch Intervention des Instituts für Denkmalpflege verhindert wurde. Über sehr viele verschiedene Nutzungsmöglichkeiten wurde in den kommenden Jahren nachgedacht, jedoch keine davon umgesetzt. Ein gleichlautender Beschluss des Sächsischen Landtages und des Görlitzer Stadtrates im Jahr 1991 für ein Europäisches Bildungs- und Informationszentrum brachte schließlich die Initialzündung für den langen Weg der Sanierung. Dieser bekam noch einmal Schub und entsprechende Fördermittel durch die Gründung des Förderkreises Görlitzer Synagoge e.V. im Jahr 2004, die Einstufung des Gebäudes als Denkmal von nationalem Rang durch den Bund im Jahr 2012 und die Erstellung eines Nutzungskonzepts für das Kulturforum Görlitzer Synagoge im Jahr 2017.
Die Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH als städtische Tochter wird das Kulturforum Görlitzer Synagoge betreiben.
Die Sanierung ermöglichten Fördermittel aus verschiedenen Bereichen. Es engagierten sich der Bund und der Freistaat Sachsen, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Stiftung Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien, der EFRE-Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, die Städtebauförderung von Bund, Ländern und Gemeinden, das Interreg-Programm Polen-Sachsen, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, die Altstadtstiftung Görlitz, der EUROPA Haus e. V. sowie verschiedene Privatpersonen.
Webseite: www.kulturforum-goerlitzer-synagoge.de