Görlitz erinnert an den 9. November - Veranstaltungen im Rahmen des Pogromgedenkens
vom 05.11.2022
Im kollektiven Gedächtnis der Deutschen steht der 9. November für drei einschneidende Daten: als Tag der Pogrome von 1938 für die Verfolgung und Vernichtung der Juden im Nationalsozialismus, zugleich als Jahrestag der Ausrufung der Republik 1918 und des Mauerfalls 1989 für den mutigen Kampf für Freiheit und Demokratie.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in Deutschland zahlreiche Synagogen. Auch in Görlitz wurde das heutige Kulturforum Görlitzer Synagoge in Brand gesetzt, jüdische Bürger verfolgt, misshandelt oder ermordet sowie jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert. Jährlich wird an die Verbrechen und die Opfer dieser Nacht im Rahmen einer zentralen Gedenkfeier sowie weiterer Begleitveranstaltungen sowie Aktionen erinnert.
Ökumenische Andacht in der Frauenkirche und anschließendes Gedenken am Kulturforum Görlitzer Synagoge. Mit einer ökumenischen Andacht am Mittwoch, dem 9. November 2022, um 18:00 Uhr in der Frauenkirche Görlitz werden die Evangelische Innenstadtgemeinde und die Stadt Görlitz an die Opfer der Novemberpogrome des Jahres 1938 und dem Fall der Mauer 1989 erinnern. In diesem Zusammenhang wird Oberbürgermeister Octavian Ursu einige gedenkende Worte sprechen.
Im Anschluss an die Andacht führt ein Lichterweg mit Kerzen von der Frauenkirche zum Kulturforum Görlitzer Synagoge auf die Otto-Müller-Straße. Dort findet die Kranzniederlegung statt.
Weitere Veranstaltungen im Rahmen des Pogromgedenkens
Geh-Denken Stolpersteine Putzen
9. Nov. 2022, 15:00 Uhr
Treffpunkt: Stolpersteine Familie Schaye, Salomonstraße 41, (Höhe Café Central)
Erste Stolpersteine in Görlitz wurden 2007 verlegt. Nach weiteren Verlegungen 2012, 2014, 2017 und im November 2021 sowie der Verlegung von 24 Stolpersteinen im Mai gibt es 60 Stolpersteine in Görlitz, 3 davon in Zgorzelec.
Nach dem Gedenken an den Stolpersteinen Salomonstraße 41 werden anschließend kleine Teams für das Putzen der Stolpersteine zusammengestellt. Putzzeug kann gerne mitgebracht werden bzw. wird gestellt, so auch die Rosen zur Niederlegung und Kerzen (Grabkerzen, weiss) für die Verlegeorte in Görlitz und Zgorzelec.
Das "Görlitz Geh-Denken" ist eine Veranstaltung und Aktion vom Kulturbüro Görlitz und der Stolpersteine Initiative Görlitz-Zgorzelec, mit Unterstützung durch den Bürgerrat Südstadt, den Haus und Hof e. V. und die Initiative Engagierte Bürger*innen.
Geh-Denken – Stolpersteine Tour
9. Nov. 2022, 16:00 – 17:30 Uhr,
Treffpunkt Jakobstraße 5a
In Gedenken an die Opfer der Shoah veranstaltet das Kulturbüro Görlitz eine Führung entlang der in Görlitz verlegten Stolpersteine. Die Führung beginnt an der Jakobstraße 5a, von dort führt der Weg über Verlegeorte von Stolpersteinen in der Innenstadt, wo an das Schicksal der Görlitzer Jüdinnen und Juden erinnert wird. Dauer ca. 1,5 Stunden, Kosten 8,50 Euro. Referenten und Tour-Guides sind Lauren Leiderman und Daniel Breutmann.
Die Einnahmen/Spenden aus der Führung werden für den Erhalt des jüdischen Erbes und Bewahrung der Erinnerungen und Verlust der jüdischen Mitbürger verwendet.
Um Anmeldung wird gebeten an die Adresse der VHS Görlitz. Link www.vhs-goerlitz.de
weitere Informationen:
Wiedererrichtung des Davidsterns auf dem Kulturforum Görlitzer Synagoge
Am 12. September wurde auf dem Kulturforum Görlitzer Synagoge wieder ein Davidstern errichtet. Der 600 Kilogramm schwere Stern wurde von der Stahlbaufirma Weiner aus Ludwigsdorf gefertigt und unter sehr großem öffentlichen Interesse mit einem Kran auf die Kuppel des Hauses gehoben. Er ist 5,20 Meter hoch und 1,60 Meter breit. Michael Kretschmer, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Octavian Ursu, Oberbürgermeister der Stadt Görlitz, und Dr. Nora Goldenbogen, Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden, sprachen anlässlich dieses wichtigen Bauabschnittes Grußworte.
Somit erfolgte 14 Monate nach der feierlichen Eröffnung der Kulturforums Görlitzer Synagoge mit der Wiedererrichtung des Davidsterns ein weiterer Meilenstein für das Gebäude. Der Görlitzer Stadtrat hatte sich in seiner Sitzung am 24. September 2020 für die Wiedererrichtung des Davidsterns auf dem Kulturforum Görlitzer Synagoge ausgesprochen und der entsprechenden Vorlage der Verwaltung einstimmig zugestimmt. Dank 25 Spenden ist eine Gesamtsumme von rund 81.000 Euro zusammengekommen.
Hintergrund:
In der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde auch die 1911 eröffnete Görlitzer Synagoge angezündet, der Brand jedoch von Feuerwehrleuten gelöscht. Am nächsten Tag wurde der Davidstern von der Kuppel entfernt. Da durch den Brand nur die Innenausstattung zerstört wurde, ist das Görlitzer Gebäude der einzige original erhaltene und restaurierte Synagogenbau Sachsens. Nach Zugehörigkeit zur Jüdischen Gemeinde Dresden, erwarb 1963 die Stadt die Synagoge und nutzte sie als Lagerraum für Kulissen des Theaters. Der Verfall des Gebäudes schritt soweit voran, dass in den 1970er Jahren ein Abriss erwogen und schließlich durch Intervention des Instituts für Denkmalpflege verhindert werden konnte. Durch bürgerschaftliches Engagement konnte mit Fördermitteln aus ganz verschiedenen Bereichen die Sanierung des Gebäudes für insgesamt 12,6 Millionen Euro möglich gemacht werden. Im 2021 eröffneten Kulturforum Görlitzer Synagoge steht jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine Wochentagssynagoge für die Praktizierung ihres Glaubens zur Verfügung.