Shlomo Graber erhält Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz
vom 08.05.2023
Shlomo Graber hat am Sonnabend, dem 6. Mai 2023, in seinem Atelier in Basel von Oberbürgermeister Octavian Ursu das Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz verliehen bekommen.
Oberbürgermeister Octavian Ursu: "Es war eine beeindruckende Begegnung mit Shlomo Graber, der in seiner Jugend so viel Schreckliches erleben musste und in den Konzentrationslagern mehr als sechs Dutzend Familienangehörige verloren hat. Es ist ihm gelungen, mit diesen Schrecken zu leben, sich für die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus und Versöhnung einzusetzen und mit seinen Texten und seiner Kunst Bleibendes für die Zukunft zu schaffen. Wer mit Shlomo Graber spricht, spürt deutlich seine Verbindung zu Görlitz, dessen Ehrenbürger er nun ist."
Der Stadtrat der Stadt Görlitz hatte am 15. Dezember 2022 einstimmig beschlossen, dass Ehrenbürgerrecht an Shlomo Graber zu verleihen. Der Vorschlag dafür wurde von einem Kreis engagierter Bürgerinnen und Bürger aus dem Aktionskreis Görlitz um den ehemaligen Oberbürgermeister Prof. Rolf Karbaum und Joachim Rudolph eingereicht, die Shlomo Graber bei mehreren Besuchen in Görlitz persönlich getroffen haben und regelmäßig mit ihm in Kontakt stehen.
Im Beschlusstext wird dies folgendermaßen begründet: "Shlomo Graber war nach 1989 mehrfach in Görlitz. Im Jahr 2005 begleitete er die Jugendlichen des Joliot-Curie-Gymnasiums bei der Nachstellung des Todesmarsches, des er selbst miterleben musste. Auf Initiative des Aktionskreises für Görlitz, des Förderkreises Synagoge e.V. und mehrerer Einzelpersonen war Shlomo Graber zehn Jahre später wieder in Görlitz, wo er mit seinem Verleger sein neuestes Buch bei einer Lesung vorstellte und vor Schülerinnen und Schülern in der Synagoge sowie vor Studentinnen und Studenten der Hochschule Zittau/Görlitz über seine Leidenszeit berichtete. Uns bleibt der Dank an ihn, der diese Kraft und diesen Mut hat, der Vergangenes aufzuarbeiten hilft, der authentisch das berichten kann, was heute gelegentlich verleugnet oder verdrängt wird. Das aber darf nie geschehen. Shlomo Graber möge das Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz, der Stadt, in der er Furchtbares durchleiden musste und der er dennoch die Treue hält, erhalten."
Shlomo Graber ist einer der letzten Überlebenden des Konzentrationslagers Biesnitzer Grund. Er wurde 1926 in Majdan geboren und 1941 mit der Familie als Staatenloser nach Polen deportiert. Drei Jahre später wurde Shlomo Graber nach Auschwitz verschleppt und kam anschließend in die Konzentrationslager Fünfteichen und Görlitz. Am 8. Mai 1945 wurde er von der Roten Armee befreit. Shlomo Graber wanderte 1948 nach Israel aus. Seit 1989 lebt er als Kunstmaler in Basel und ist bis heute in seinem Atelier aktiv.
Es war ursprünglich geplant, dass Herr Graber und seine Gattin, Frau Hunziker, zwischen dem 7. und 10. Mai 2023 die Europastadt Görlitz/Zgorzelec besuchen und auch an einer Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkrieges teilnehmen. Bei einer festlichen Veranstaltung sollte Shlomo Graber während des Besuches das Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz verliehen werden. Aus gesundheitlichen Gründen war Herrn Graber und Frau Hunziker diese Reise nun jedoch nicht möglich.
Mit Rücksicht auf sein hohes Alter und auf seine Einladung hin, ist deshalb Oberbürgermeister Octavian Ursu, der in diesen Tagen ohnehin eine lang geplante Reise in die Görlitzer Partnerstadt Wiesbaden angetreten hat, zu Shlomo Graber nach Basel gefahren, um ihm dort das Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz zu überbringen. Shlomo Graber hat ihm in diesem Zusammenhang ein Kunstwerk für das Kulturforum Görlitzer Synagoge überreicht.
Das Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz wurde bisher 40 Mal vergeben. Die meisten Ehrenbürger sind bereits verstorben, so dass Shlomo Graber neben den beiden früheren Wiesbadener Oberbürgermeistern Hildebrand Diehl und Achim Exner aktuell einer von drei Ehrenbürgern der Stadt Görlitz ist. Vorschläge zur Verleihung des Ehrenbürgerrechts werden laut Satzung von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt an den Oberbürgermeister gerichtet und im Stadtrat abgestimmt.