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Neue Sonderausstellung »Die Suchenden. Die Kunst des Jakob-Böhme-Bundes« ist ab diesem Wochenende im Kaisertrutz Görlitz zu sehen | 4.5.-17.11.2024

Neue Sonderausstellung »Die Suchenden. Die Kunst des Jakob-Böhme-Bundes« ist ab diesem Wochenende im Kaisertrutz Görlitz zu sehen | 4.5.-17.11.2024

vom 03.05.2024

Zum ersten Mal nach seiner Auflösung vor einhundert Jahren widmen die Görlitzer Sammlungen eine Sonderausstellung ausführlich einer besonderen Künstlervereinigung: dem Jakob-Böhme-Bund. Ein weiterer Anlass für diese Schau ist der 400. Todestages des Görlitzer Theosophen Jacob Böhme in diesem Jahr.

120 Werke von Künstlerinnen und Künstlern des Jakob-Böhme-Bundes, der 1920 in Görlitz gegründet wurde, bis 1924 bestand und deutschlandweit wirkte, haben in den letzten Tagen im Görlitzer Kaisertrutz Einzug gehalten – und mit ihnen jede Menge faszinierende und berührende Geschichten. Die Kunstwerke, die hier vom 4. Mai bis 17. November 2024 zu sehen sind, zeigen eine große stilistische Vielfalt.

„Die Kunstwerke, die wir hier zeigen – es sind Werke des Expressionismus, des Impressionismus, des Neoklassizismus und auch eines Realismus, der später als neue Sachlichkeit bezeichnet wurde – sind ein Spiegelbild ihrer Zeit“, so Kurator Kai Wenzel. „Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war für viele eine Phase der Sinnsuche, in der sich einige Künstlerinnen und Künstler im Jakob-Böhme-Bund und seinen Zielen aufgehoben fanden.“ Daher wurde auch der Titel für diese Sonderausstellung »Die Suchenden« gewählt.

Der Jakob-Böhme-Bund gründete sich in einer Zeit der gesellschaftlichen und politischen Verunsicherung – nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und der Gründung der Weimarer Republik. Vertreterinnen und Vertreter der bildenden Kunst, Literatur, Architektur und Musik aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kamen in diesem Bund zusammen. Auf der Suche nach neuen Impulsen strebten sie von Görlitz aus gemeinsam nach einer Erneuerung der Künste. Unter den Mitgliedern finden sich bekannte Namen wie Hans Poelzig und Gustav Meyrink, aber auch viele, die heute in Vergessenheit geraten sind und deren Werke mit dieser Ausstellung nun wiederentdeckt werden.

Eine fünfjährige Suche nach dem Jakob-Böhme-Bund und seinen Künstlerinnen und Künstlern ging dieser Ausstellung voraus. „Die Recherchen für diese Ausstellung erwiesen sich als herausfordernd“, erläutert Kai Wenzel. „Die Quellenüberlieferung zu den Mitgliedern des Bundes ist eher schlecht, denn es gibt kein Mitgliederverzeichnis und auch kein Archiv des Bundes.“ Zeitungsartikeln aus den 1920er Jahren, in denen über die Ausstellungen des Bundes berichtet wurde, lieferten wichtige Hinweise. Eine weitere Herausforderung war es, die Werke der Künstlerinnen und Künstler ausfindig zu machen. Die Schau zeigt nun ein erstes Zwischenergebnis der Suche nach dem Jakob-Böhme-Bund.

Der Ideengeber und geistige Mittelpunkt des Bundes war der Maler und Schriftsteller Joseph Anton Schneiderfranken (Bô Yin Râ / 1876–1943). Ein zweiter wichtiger Organisator war der Maler Fritz Neumann-Hegenberg (1884-1924). Bewusst wählte der Jakob-Böhme-Bund den Görlitzer Mystiker Jacob Böhme (1575–1624) als seinen geistigen Vordenker. Böhmes philosophische Schriften, die während des 30-jährigen Krieges ebenfalls in einer Zeit der großen Verunsicherung entstanden waren, eröffneten den Mitgliedern des Bundes den Weg zu einer von Mystik und Theosophie angeregten neuen Sakralkunst. Am Ort von Böhmes einstigem Wirken trat die nach ihm benannte Künstlervereinigung 1920 erstmals an die Öffentlichkeit. Wie Joseph Anton Schneiderfranken betonte, erfolgte ihre Gründung auch „um zu zeigen, daß Görlitz in der Reihe der deutschen Städte, in denen neuere künstlerische Bestrebungen am Werke sind, durchaus nicht die letzte Stelle einzunehmen gesonnen sei“. Mit diesem Ziel erreichte der Jakob-Böhme-Bund innerhalb kurzer Zeit eine weit über Görlitz hinausreichende Resonanz. Obwohl er sich bereits 1924 wieder auflöste, wirkten seine Ideen bei vielen Mitgliedern noch lange fort.

Ein umfangreiches Begleitprogramm zur Sonderausstellung vermittelt in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten die Kunst des Jakob-Böhme-Bundes, seine Ziele, das Schaffen seiner Mitglieder und eröffnet einen eindrucksvollen Blick auf eine besondere Zeit der Kunst- und Kulturgeschichte. Neun Kunstpausen – ein beliebtes Kurzführungsformat, das immer mittwochs 12.12 Uhr angeboten wird, sieben Kuratorenführungen, kulturgeschichtliche Spaziergänge, Konzerte, Lehrerfortbildungen, Angebote für Schulen und Ferienprogramme laden alle Altersgruppen ein, auf sehr abwechslungsreiche und individuelle Weise dem Jakob-Böhme-Bund und seiner Zeit zu begegnen.